Freuden und Leiden einer Velofahrerin

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In der Stadt Zürich besonders beliebt: Fussgänger und Velofahrer gemeinsam aufs Trottoir pferchen.

Der tägliche Kampf und die kleinen Freuden auf der Strecke zwischen Wollishofen und Limmatplatz in Zürich. Eine Tragikomödie in drei Akten.

Erster Akt:

Morgens. Die Sonne strahlt und die Luft riecht wie frisch gewaschen, eine Brise Seeluft kitzelt die Nase. Heldin tritt auf und schwingt sich auf ihr blaues Fahrrad.

CRISTINA (spricht theatralisch):

„Wie könnte ein Tag besser beginnen als mit Sonne im Gesicht und flatternden Velo-Cabrio-Haaren?“

Doch sie kommt nicht weit mit ihrer guten Laune. Denn schon 200 Meter weiter vorne, auf der Seestrasse, herrscht wie jeden Tag ein Verkehrschaos. Die Elterntaxis der Privatschule reihen sich auf dem Trottoir wie die Lemminge vor ihrem Klippensprung. Eine Autotüre geht auf und die Protagonistin vermeidet nur dank ihrer blitzschnellen Reaktionsfähigkeit einen Zusammenstoss. Uff!

Zweiter Akt

Weiter geht’s Richtung Bahnhof Enge. Da es keine Velospur gibt, hat die Velofahrerin entweder die Wahl, in der sich stauenden Autokolonne die Abgase passiv zu rauchen oder auf dem Trottoir zu fahren. Sie entscheidet sich für letzteres.

FUSSGÄNGER (brüllt): „Dasch im Fall kä Velowäg!!“

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Ja, da freuen sich die Fussgänger, wenn man ihnen schier über die Füsse fährt.

Sie fährt zurück auf die Strasse und landet genau hinter einer älteren, velofahrenden Dame mit eigenwillig gelbem Helm. Die überholt sie schnell. Nur um zehn Meter weiter vorne wieder im Stau zu stehen. Der Schwyzer in seinem SUV lässt keinen Platz zwischen dem Bordstein und seiner riesigen Karre. Wwwwusch – überholt ein Bus die Autokolonne. Dicht gefolgt von der älteren Dame. Fährt sie ein E-Bike? Nein, einfach sonst topfit. Protagonistin grummelt Unverständliches.

Ein Rotlicht bei dem Stauffacherquai bremst die gelb Behelmte in ihrem Siegeszug. Unsere Heldin gewinnt wieder an Schwung und überholt und freut sich über den Mini-Sieg.

Dritter Akt:

Die Velofahrerin biegt auf die Kanonengasse ein. Bei der Langstrassenunterführung muss sie abbremsen. Ein Jugendlicher auf seinem Lime-Scooter schneidet ihr von links den Weg ab und surrt davon. Sie versucht zu überholen, bleibt aber chancenlos. Gopf! Der Schweiss rinnt ihr nur so runter. Schon fast auf der Zielgeraden zum Limmatplatz ein Rotlicht. Sie hält an. Im linken Augenwinkel sieht sie einen gelben Helm herannahen. Das Grosi überholt sie. Mit unübersehbarem Grinsen auf dem Gesicht.

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Trotz allem liebe ich das tägliche Velofahren. Besonders auf meinem wunderschönen, himmelblauen Aarios-Velo.

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Tja, vermutlich hatten das Kampfgrosi wie auch der Familienvater mit Anhänger elektrische Unterstützung… 😉 ist ehrlich gesagt auch für mich das Beste, um in einer Stadt wie Zürich überleben zu können. Das ewige Stop and Go geht nicht nur auf die Nerven, sondern auch in die Beine. Da hilft der nette Extra-Support gerade beim Anfahren und an Steigungen sehr. Möchte es nicht missen.
    Aber ja, der Mischverkehr ist auch das, was mich so ziemlich am meisten ärgert. Man spielt uns Velofahrer gegen die Fussgänger auf, nur damit die Autos daneben mehrspurig durchfahren können…

    Gefällt 1 Person

    1. cristina sagt:

      Absolut. Es ist unglaublich, wie viel Raum zubetoniert wird und wieviel davon uns Velofahrerinnen und Fussgängern bleibt 😦 Liebe Grüsse, Cristina

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